Transplantationsgesetz: Kirchenrat legt Argumentarium vor
Am 15. Mai befinden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die Änderung des Transplantationsgesetzes. Bundesrat und Parlament wollen bei der Organspende die Widerspruchslösung einführen. Der Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen verzichtet auf eine Abstimmungsempfehlung, legt zur Vorlage aber ein Argumentarium vor.
(13. April 2022) Das neue Transplantationsgesetz besagt, dass jeder Mensch an seinem Lebensende ein potenzieller Organspender ist; ausser er oder sie hat zu Lebzeiten einer Entnahme der Organe widersprochen. Heute ist es genau umgekehrt. Im vergangenen Herbst haben National- und Ständerat dem Gesetz zugestimmt. Ein breites Komitee rund um die Pflegefachfrau Susanne Clauss und den Arzt Alex Frei haben in der Folge das Referendum ergriffen. Darum stimmt am 15. Mai die Schweiz über das Gesetz ab.
Der Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen verzichtet auf eine Abstimmungsempfehlung zum Transplantationsgesetz. Viel mehr legt er ein Argumentarium pro und contra die Widerspruchslösung vor. Darin stellt er verschiedene Fragen, etwa zum Zeitpunkt des Todes, ob eine Organspende eine Pflicht oder ein Schenken ist oder welchen medizinischen Fortschritt wir pflegen. Bei all diesen Fragen gehe es auch um die religiöse Kultur des Abschiedsnehmens, die der «eigendynamischen und auf schnelle Entscheide drängenden Medizin gegenübersteht», schreibt der Kirchenrat.
Argumente, die für eine Änderung des Transplantationsgesetzes sprechen, sind die Möglichkeit Leben zu retten, die Entlastung von Angehörigen entscheiden zu müssen oder die deutliche Mehrheit, die sich in der Schweiz für die Organspende ausspricht. Gegen das Gesetz ist einzuwenden, dass ein Schweigen einer Zustimmung gleichkommt oder durch das Gesetz verfassungsmässig verbriefte Rechte wie Unversehrtheit und Selbstbestimmung verletzt werden.
Wegen der Komplexität dieser Fragen und Argumente verzichtet der Kirchenrat auf eine eigentliche Abstimmungsempfehlung und plädiert dafür, den Entscheid zum Transplantationsgesetz in einem grösseren Zusammenhang zu fällen.