Bildungsreise nach Israel: zwischen Tourismus und Krieg
In den Herbstferien führte das Religionspädagogische Institut St. Gallen eine Bildungsreise nach Israel durch, die auf Studierende und Religionslehrpersonen ausgerichtet war. Als kirchliche Weiterbildung stand sie auch weiteren Personen offen. Dem Reiseverlauf wurde durch den Angriff der Hamas am 7. Oktober ein jähes Ende gesetzt.
(8. Nov. 2023) Unter der Leitung von Pfr. Dr. Stefan Fischer sollte die Reisegruppe vom 3. bis 14. Oktober unterwegs sein. Die Bildungsreise würde vor allem an die Stätten führen, in denen Jesus gelebt hat. Zudem würden die Teilnehmenden einen Einblick ins heutige Israel bekommen.
Kulturelle Schätze
Die Schwerpunkte der Bildungsreise bildeten Orte des Lebens Jesu in Galiläa und Jerusalem. Einen Einblick ins Judentum bekamen die Teilnehmenden durch den Besuch von zwei zeitgenössischen sowie drei antiken Synagogen. Besonders eindrücklich waren die Mosaikfussböden mit biblischen Szenen und Tierkreiszeichen in Sepphoris und Bet Alfa. In Haifa bekam die Gruppe eine Führung durch die Gärten des Bahai-Schreins, und in Akko setzte sie sich vertieft mit der Zeit der Kreuzfahrer auseinander. Schliesslich vermittelte ein Besuch des grossen Tel Meggido einen guten Eindruck der alttestamentlichen Zeit.
Plötzlich Krieg
Fünfzig Jahre nach dem Jom Kippur wurden die Pläne der Reisegruppe am fünften Tag abrupt unterbrochen. Der brutale Angriff der Hamas zog weitere Kämpfe nach sich. Bereits am Folgetag beschoss die Hisbollah Gebiete an der Grenze zum Libanon, ganz in der Nähe des Reiseziels vom Tag davor. Zu jenem Zeitpunkt war es schwer abzuschätzen, wie sich der Konflikt weiter entwickeln würde. Einige touristische Orten waren bereits wieder offen. So entschied die Gruppe, ihre Reise nach Jerusalem mit angepasstem Programm fortzusetzen. Im Hotel angekommen, liess jedoch allein die Einweisung, wo der Luftschutzkeller sei, ein mulmiges Gefühl zurück. Einen Tag später war der Entschluss gefasst: die Gruppe wollte nach Hause.
Rückreise
Einen der ganz wenigen Plätze auf einem Swiss-Direktflug zu ergattern, war aussichtslos, doch der Reiseveranstalter konnte eine Ausreise über Amman in Jordanien organisieren. Bis es so weit war, besuchte die Gruppe im bedrückenden Dazwischen von Tourismus und Krieg noch den Zionsberg und die Altstadt von Jerusalem, während sie Ostjerusalem und das muslimische Viertel wohlweislich ausliess. «Die meisten Geschäfte waren geschlossen, an der Klagemauer war wenig los. Plötzlich donnerte es mehrfach kräftig, oder waren es Raketen? Die Sirenen setzten ein. Sicherheitskräfte waren sofort zur Stelle und wiesen den Weg zu den Tunneln. Abends gab es nochmals Raketenalarm. Das bestätigte für uns gefühlsmässig, dass es die richtige Entscheidung war, zurückzureisen», schildert Fischer das Erlebte. Der Israel-Kenner hofft, in zwei Jahren wieder eine Bildungsreise anbieten zu können. Bisher dauern die unversöhnlichen Kämpfe ohne Perspektive an. «Jedes Menschenleben ist wertvoll und jeder Toter einer zu viel. Doch das wollen beide Seiten zurzeit nicht hören», fasst Fischer seine Betroffenheit in Worte.